Ich erinnere mich noch gut an meine erste Begegnung mit einem Grand Bleu. Wir waren in Südfrankreich unterwegs, auf einer dieser kurvigen Landstraßen, als er plötzlich am Waldrand auftauchte. Groß, schlank, mit einem Fell wie aus Samt und diesen tiefgründigen Augen. Er stand da wie ein König, der sein Reich überblickt – ein Bild für die Götter! Mein erster Gedanke war: Was für ein edler Hund. Mein zweiter: Ob er wohl jemanden sucht?
Der Grand Bleu de Gascogne – Ein lebendes Geschichtsbuch
- Ursprung: Südfrankreich, Region Gascogne
- Größe: 65-72 cm (Rüden), 60-68 cm (Hündinnen)
- Gewicht: 35-45 kg
- Fell: Kurz, dicht, Farbe: schwarz-weiß getüpfelt mit lohfarbenen Abzeichen
- Alter: 10-12 Jahre
Später erfuhr ich, dass der Grand Bleu de Gascogne eine sehr alte Rasse ist. Schon im Mittelalter wurden diese Hunde für die Jagd auf Großwild eingesetzt. Sie sind die direkten Nachfahren der legendären Hubertushunde, der Meutetiere der französischen Könige. Man kann sich gut vorstellen, wie diese edlen Hunde durch die Wälder streiften, immer der Nase nach, unermüdlich und furchtlos.
Ein Jagdhund durch und durch
Auch wenn der Grand Bleu heute nur noch selten bei der Jagd eingesetzt wird, so ist er doch im Herzen ein Jäger geblieben. Seine feine Nase, sein Spürsinn und seine Ausdauer sind legendär. Wer einen Grand Bleu als Familienhund halten möchte, muss sich dieser Tatsache bewusst sein. Spaziergänge an der kurzen Leine in der Stadt? Das ist nichts für diese Naturburschen. Sie brauchen Raum, um sich zu entfalten, und eine Aufgabe, die ihren Talenten gerecht wird.
Typische Momente mit einem Grand Bleu:
- Der „Ich rieche was“-Blick, der jeden Spaziergang zur Entdeckungsreise macht.
- Das tiefe, melodische Bellen, das an die Jagdhörner vergangener Zeiten erinnert.
- Die plötzliche Verwandlung von einem sanften Riesen in einen Wirbelwind, wenn eine Fährte aufgenommen wird.
- Das zufriedene Seufzen, wenn er sich nach einem langen Tag im Freien an deine Füße kuschelt.
- Die stoische Ruhe, mit der er auch in hektischen Situationen gelassen bleibt.
Was der Grand Bleu de Gascogne braucht
Ein Grand Bleu ist kein Hund, der sich mit einem Leben als reiner Begleithund zufrieden gibt. Er ist ein Arbeitshund, der gefordert werden will – körperlich und geistig. Lange Wanderungen, Fährtenarbeit, Mantrailing – all das sind Beschäftigungen, die einem Grand Bleu liegen. Er ist ein Teamplayer, der eng mit seinem Menschen zusammenarbeitet. Stures Befolgen von Kommandos ist nicht seine Stärke, wohl aber das gemeinsame Lösen von Aufgaben. Sie sind wie ein guter Wein, sie brauchen Zeit um sich zu entwickeln.
Tägliche Basics:
- Bewegung: Mehrere Stunden täglich, am besten in freier Natur.
- Kopfarbeit: Nasenarbeit in jeder Form, z.B. Fährtenarbeit, Mantrailing.
- Fellpflege: Regelmäßiges Bürsten hält das Fell sauber und glänzend.
- Sozialkontakt: Der Grand Bleu ist ein Meutehund, der den Kontakt zu Artgenossen und „seiner“ Familie braucht.
Gesundheitliche Aspekte
Der Grand Bleu de Gascogne ist eine robuste Rasse, die nicht zu Überzüchtung neigt. Dennoch gibt es einige gesundheitliche Aspekte, die man im Auge behalten sollte:
- Hüftdysplasie (HD): Eine Fehlbildung des Hüftgelenks, die zu Arthrose führen kann.
- Magendrehung: Eine lebensbedrohliche Erkrankung, die vor allem große Hunderassen betrifft.
- Ohrenentzündungen: Durch die hängenden Ohren kann es zu Entzündungen kommen.
Berühmte Vertreter
In Deutschland ist der Grand Bleu de Gascogne noch relativ unbekannt. In Frankreich hingegen ist er eine geschätzte Rasse, die auch heute noch von Jägern geführt wird. Einer der berühmtesten Vertreter der Rasse war wohl „Sultan“, der treue Begleiter von François Mitterrand. Der französische Präsident war ein begeisterter Jäger und schätzte die Gesellschaft seines Grand Bleus sehr. Ein Bild von Mitterrand und Sultan ging um die Welt und machte die Rasse einem breiten Publikum bekannt.
Herausforderungen
Ein Grand Bleu ist kein einfacher Hund. Er hat seinen eigenen Kopf und lässt sich nicht so leicht erziehen wie ein Schäferhund oder ein Labrador. Seine Jagdleidenschaft kann zum Problem werden, wenn man ihn nicht kontrollieren kann. Er braucht eine konsequente, aber liebevolle Erziehung und eine klare Führung. Man muss sein Herz mit Geduld erobern.
- Jagdtrieb: Kann ohne Training schwer zu kontrollieren sein.
- Eigenständigkeit: Trifft eigene Entscheidungen, wenn er die Führung seines Menschen nicht anerkennt.
- Größe und Kraft: Kann in der Pubertät ungestüm sein.
Ist der Grand Bleu de Gascogne die richtige Rasse für Sie?
Ein Grand Bleu ist kein Hund für Anfänger. Er braucht einen Menschen, der Erfahrung mit Hunden hat und bereit ist, viel Zeit und Energie in seine Ausbildung zu investieren. Wer einen treuen und zuverlässigen Begleiter sucht, der ihn auf langen Wanderungen begleitet und mit ihm gemeinsam die Natur erkundet, der könnte im Grand Bleu den perfekten Hund finden. Wer jedoch einen Hund sucht, der sich mit einem Leben in der Stadt und kurzen Spaziergängen zufrieden gibt, der sollte sich nach einer anderen Rasse umsehen. Ein Grand Bleu ist wie ein Puzzle, das sich erst nach und nach zusammensetzt.
Diese Hunde sind etwas für Menschen, die das Ursprüngliche lieben, die sich nach einem treuen Freund an ihrer Seite sehnen und die bereit sind, sich auf das Abenteuer „Grand Bleu“ einzulassen. Sie sind keine Hunde für jedermann, aber wer ihr Herz gewinnt, der hat einen Freund fürs Leben gefunden. Einen Freund, der einen mit seiner Würde, seinem Mut und seiner tiefen Zuneigung jeden Tag aufs Neue begeistert. In ihm sieht man einen Spiegel der Seele.
Jede Hunderasse hat ihre Eigenarten – recherchieren Sie gut, bevor Sie einen Hund in Ihr Leben aufnehmen.
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